Creative Commons License
licensed under
creative commons



Was heißt: Foucault historisieren? (Workshop 6.-8. Nov. 2014, Universität Zürich)

Michel Foucault gehört zu den Ikonen der heutigen Kultur- und Sozialwissenschaften. Es gibt fast keine kultur- oder sozialwissenschaftliche Disziplin, in der der französische Philosoph und Historiker nicht auf eine fruchtbare Art und Weise als Referenz gelesen, zitiert, diskutiert, widerlegt und weiter verwendet wird. Der im Jahre 1975 ausgesprochenen Einladung Foucaults, man möge sich seiner Werke und Konzepte wie aus einer "Werkzeugkiste" bedienen ("machen Sie damit, was Sie wollen"), wurde ausgiebig nachgegangen, so dass aus der Werkzeugkiste mittlerweile eine Standardausstattung vor allem kulturwissenschaftlichen Arbeitens geworden ist. In der Tat beinhaltet die "Werkzeugkiste" ein ausserordentlich schillerndes Inventar an Begriffen, Methoden, Modellen, Skizzen und Instrumenten, und sie erweist sich nicht zuletzt immer noch als Schatzkiste.

Doch heute, 30 Jahre nach Foucaults Tod, stellt sich für uns, die Gruppe der editors des G+C Blog, auch die Frage nach der Historisierung dieser Werkzeugkiste mit ihrem scheinbar unabhängig von ihrem Entstehungskontext verwendbaren Instrumenten: Wie kam es eigentlich zu dieser Werkzeugkiste, aus der wir uns bedienen? Was bedeutet es für uns, heute, dass sie im Zeitalter des Kalten Krieges entstanden ist, in Opposition zum "Hypermarxismus" der Neuen Linken, in einer gewissen Nachbarschaft zum Strukturalismus, im Kampf gegen das französische Gefängnis, möglicherweise geprägt vom Engagement für sowjetische Dissidenten, spanische Anarchisten, schiitische Revolutionäre oder polnische Arbeiter, zweifellos fasziniert von der amerikanischen counter culture und der japanischen Kultur des Zen, vielleicht sogar aber auch beeinflusst vom New Age…? Gehören alle diese "Kontexte", "Hintergründe" und Genealogien zur Foucaultschen Werkzeugkiste? Es kann gar nicht anders sein: Foucaults Denken war immer und explizit auf seine Gegenwart und den politischen Kontext seiner Zeit bezogen. Erhalten aber dadurch nicht auch seine eigenen Begriffe und Analysemodelle eine unhintergehbare Historizität? Zweifellos, und wir sollten uns deshalb heute daran machen, die Genealogie der Foucaultschen Werkzeugkiste zu schreiben, um sie besser zu verstehen, um sie weiterhin benutzen zu können, aber auch, um sie zu aktualisieren, sie an die wissenschaftliche und politische Lage von heute anzupassen. Und vielleicht auch, um sie in Teilen zu verwerfen.

Im Sinne eines solchen Projektes lädt der G+C Blog alle Interessierten ein, vom 6. bis zum 8. November 2014 an der Universität Zürich die Frage "Was heißt: Foucault historisieren?" in einem Workshop zu diskutieren. Als Ausgangspunkt soll gelten, nicht nur das Leben und Werk des Autors Michel Foucault (1925-1984), sondern auch den seit 30 Jahren in den weltweiten Kulturwissenschaften virulenten Aussagezusammenhang "Foucault" in seiner Ikonenhaftigkeit und fast ubiquitären Präsenz wieder in einem genuin historischen Kontext zu verorten. Es heisst, diesen Aussagezusammenhang auf seine spezifischen Möglichkeitsbedingungen, Theoriebildungsprozesse, Diskursstrategien und Resonanzräume hin zu befragen. Es heisst aber auch, den Historisierungsanspruch ernstzunehmen und dieses Schlagwort mit Leben zu füllen, die Historisierung Foucaults (und "Foucaults") zum Gegenstand des eigenen Forschens zu machen. Wir sind der Meinung, dass ein solches Unterfangen keineswegs ausschliesslich geschichtswissenschaftlich orientiert sein muss, sondern von allen mit und über Foucault arbeitenden Disziplinen ausgehen sollte. Denn der neue Blick, der sich dadurch eröffnen kann, ist immer zeitgenössischer Art: Wir glauben, dass die Historisierung von Foucaults Werkzeugkasten uns neue Möglichkeiten eröffnet, um darüber nachzudenken, wie dieses intellektuelle tool kit heute noch verwendet werden kann – oder vielleicht teilweise zurückgewiesen werden muss. Die Arbeit über Foucault ist eine Arbeit an Foucault.

Organisatorisches:

Der Workshop findet vom 6. bis 8. November 2014 an der Universität Zürich statt.

Alle Interessierten sind eingeladen, ihre Vorschläge für Beiträge (Abstracts von maximal 500 Worten) bis zum 30. Juni 2014 an foucaultblog@fsw.uzh.ch zu senden.

Für Referentinnen und Referenten werden die Reise- und Unterbringungskosten übernommen.

Es ist geplant, dass die Beiträge zum Workshop auf G+C Blog publiziert und kommentiert werden. Die Referent_innen werden daher gebeten, im Vorfeld des Workshops erste Kurzversionen ihrer Beiträge auf G+C Blog zu posten. Diese werden dann mit Kommentaren versehen, auf welche in den Referaten während des Workshops eingegangen werden kann bzw. soll. Die präsentierten papers können nach der Tagung in voller Länge auf G+C Blog publiziert werden.

Kontakt: foucaultblog@fsw.uzh.ch

Veranstaltungssprachen: Deutsch und Englisch

Enter your comment below. Fields marked * are required. You must preview your comment before submitting it.