Die Universität von Vincennes in den 1970er Jahren.

Am 1. Juni zeigte der deutsch-französische Kooperationssender Arte eine 90-minütige Dokumentation über die 1968 gegründete Reformuniversität Vincennes (heute: Universität Paris VIII). Unter dem Titel "Vincennes – Die revolutionäre Uni" (Frankreich 2016) beleuchtet dieser Film ein wichtiges Kapitel französischer Intellektuellengeschichte und portraitiert jenes linksalternative Milieu, in dem sich neben Foucault auch Gilles Deleuze, Jean-François Lyotard, Jacques Lacan, Jacques Rancière, Noam Chomsky, Pierre Paolo Pasolini und Herbert Marcuse als Professoren und Dozenten engagierten.

Vincennes war nicht nur ein akademisches und politisches Experimentalsystem, in dem alte Hierarchien, institutionelle Strukturen oder gesellschaftliche Konventionen in Frage gestellt wurden, sondern auch ein Ort des aktiven Widerstandes inklusive Besetzungen, Polizeieinsätzen und Räumungen. Der bereits seit 1968 in der Abteilung für Philosophie lehrende Foucault war damals mitten im Geschehen und setzte sich aktiv für die Rechte der Studenten ein. Ob er bei einem der Polizeieinsätze auch zu einem Feuerlöscher gegriffen hat, wie Zeitzeugen berichten, kann der ebenfalls für die Dokumentation interviewte Daniel Defert jedoch nicht bestätigen.

Kurze Zeit später sollte Foucault dieses aus kommunistischen, trotzkistischen, maoistischen und anarchistischen Kräften zusammengebraute, hochexplosive Pulverfass jedoch wieder verlassen, um 1970 am ehrwürdigen Collège de France die dort eigens für ihn geschaffene Professur für die "Geschichte der Denksysteme" anzutreten. Hier wurden dann keine Parolen mehr an die Wände gesprüht, und statt revolutionärer Schlachtrufe prägte vornehme Andächtigkeit den Sound der Institutsflure.

Die Dokumentation "Vincennes – Die revolutionäre Uni" von der französischen Regisseurin Virginie Linhart bietet einen spannenden Einblick in die institutionellen Auswirkungen des revolutionären Mai 68 und ist noch bis zum 9. Juni in der Arte +7 Mediathek abrufbar.